TelefonSeelsorge Untermain
Kurzbericht der Ökumenischen Telefonseelsorge Untermain für das Jahr 2022
Was ist TelefonSeelsorge?
Die TelefonSeelsorge ist rund um die Uhr an jedem Tag des Jahres für Anrufende jeden Alters kostenfrei und anonym erreichbar. Sie richtet sich an Menschen in Krisensituationen sowie an alle, die Seelsorge und Beratung suchen.
Das Angebot besteht im Zuhören und Klären, im Ermutigen, Mittragen und Stabilisieren, im Hinführen zu eigener Entscheidung und im Verweis auf Beratungsstellen und Selbsthilfegruppen am Untermain.
Unter 0800 – 111 0 111 und 0800 – 111 0 222 Seelsorge per Telefon.
Unter www.telefonseelsorge.de Seelsorge per Mail und Chat.
Mit der Krisen-Kompass-App unterstützt die Telefonseelsorge depressive und suizidale Menschen und deren Angehörige und Freunde.
Die Ökumenische Telefonseelsorge Untermain im Jahr 2022
68 ehrenamtliche Mitarbeitende arbeiteten am Tag und in der Nacht am Telefon und nahmen alle 3 – 4 Wochen als Entlastungs- und Qualifizierungsmöglichkeit an der Supervision teil. Die Supervisionsgruppen konnten in diesem Jahr in Präsenz stattfinden. Fünf Mitarbeitende bieten auch Seelsorge und Beratung im Chat an. Sechs Frauen und zwei Männer beendeten am 31. Juli ihre einjährige Ausbildung zur/zum ehrenamtlichen Telefonseelsorger/in. Ab August arbeiteten sie am Telefon. Vier Mitarbeitende haben im Jahr 2022 die Tätigkeit beendet. Ein Mitarbeiter ist gestorben.
Die Mitarbeitenden nahmen an folgenden Fortbildungen teil:
- Wie arbeitet das Krisennetzwerk Unterfranken? Referent: Dr. Daniel Kilian, Koordinator des Krisennetzwerkes Unterfranken
- Umgang mit Kriegs-Ängsten am Telefon. Referentin: Christiane Knobling
- Suchterkrankungen und Suchtberatung. Referent: Daniel Elsässer, Leiter der psychosozialen Beratungsstelle (Suchtberatung) des Caritasverbandes Aschaffenburg
Am 23. Juli konnte wieder ein Sommerfest gefeiert werden. Nach einem ökumenischen Gottesdienst in der Christuskirche wurden die sechs neuen Mitarbeitenden von der Leiterin und den Mitarbeitersprechern eingeführt. Auch langjährig Mitarbeitende (10, 15, 20 Jahre) wurden geehrt. Anschließend wurde im Garten des Marienstiftes gefeiert.
Viele Mitarbeitende engagierten sich im Leitungsteam und in verschiedenen Arbeitsgruppen und bringen so ihrer Fähigkeiten und ihre Zeit für die Weiterentwicklung der Telefonseelsorgestelle ein. Die beiden Mitarbeitersprecher vertraten die Telefonseelsorge Untermain bei den beiden jährlich stattfindenden Treffen der Mitarbeitendensprecher aller 16 bayrischen Telefonseelsorgestellen.
Seelsorge am Telefon
12.136 Anrufe wurden angenommen, davon waren 10.343 Seelsorgegespräche (85 % aller Gespräche).
72 % der Anrufenden waren zwischen 40 – 69 Jahre alt. Wie in den Jahren zuvor erreichten wir am Telefon in der Mehrzahl Menschen „in der zweiten Lebenshälfte“.
Die Hauptthemen der Anrufenden waren:
- 32 % Einsamkeit, Isolation (4 % mehr als 2021)
- 20 % körperliches Befinden: Beschwerden, Erkrankungen, Behinderungen (2021: 17 %)
- 16 % depressive Verstimmung (2021: 17 %)
- 15 % familiäre Beziehungen (wie 2021)
- 13 % Ängste (2021: 14 %)
- 10 % Alltagsbeziehungen (Nachbarn, Freunde)
In 34 % aller Seelsorge- und Beratungsgespräche war uns eine diagnostizierte psychische Erkrankung des/der Anrufenden bekannt.
Anrufe mit suizidaler Thematik waren mit 7 % so hoch wie im Vorjahr. Dies bedeutet im Durchschnitt zwei Anrufe am Tag mit suizidaler Thematik.
Am Telefon ist das Gefühl der Einsamkeit und Kontaktlosigkeit wie in den letzten Jahren das häufigste Thema (in fast jedem dritten Gespräch). Die Einschränkungen und Ängste vor Kontakten durch Corona wie auch die Folgen einer psychischen Erkrankung werden daran sichtbar. Nach dem Beginn des Krieges in der Ukraine waren Ängste ein häufiges Thema, vor allem auch bei Anrufenden, die selbst den Krieg als Kleinkinder noch erlebt hatten.
Seelsorge per Chat
Insgesamt 374 Chatberatungen wurden von fünf Mitarbeitenden durchgeführt (vier mehr als im Jahr 2021), davon waren 318 Seelsorge- und Beratungschats. 79 % der ChatterInnen waren zwischen 15 und 39 Jahre alt (plus 10 % zu 2020). Im Chat erreichen wir vor allem Menschen in der „ersten Lebenshälfte“.
Die Hauptthemen in den Chats waren:
- 38 % Suizidgedanken und –absichten (2021: 36 %)
- 33 % Ängste (2021: 22 %)
- 26 % Selbstbild: Selbstwert, Scham, Schuld (2021: 13 %)
- 22 % depressive Verstimmung (2021: 27 %)
- 22 % Einsamkeit, Isolation (2021: 25 %)
- 12 % Stress, emotionale Erschöpfung (2021: 14 %)
- 12 % Leben in Partnerschaft (wie 2021)
- 12 % familiäre Beziehungen (2021: 11 %)
Durch die Chatthemen wird deutlich, dass bei jungen Erwachsenen Ängste und Selbstzweifel stark zugenommen haben. Ausschlaggebend ist dabei das gewachsene Grundgefühl, das Leben nicht kontrollieren zu können (durch Corona und den Krieg in der Ukraine). Es zeigt die große Verunsicherung junger Menschen bezüglich ihrer Zukunftsaussichten.
Die Ökumenische Telefonseelsorge Untermain ist eine Einrichtung des Caritasverbandes Aschaffenburg e.V. und des Diakonischen Werkes Untermain e.V. Die gemeinsame Arbeit von evangelischen und katholischen Christen auf allen Ebenen der TelefonSeelsorge Untermain war auch im Jahr 2022 ein Zeichen gelungener ökumenischer Zusammenarbeit.
Ansprechpartnerin
Christiane Knobling, Leiterin
Telefon: 06021 – 325 365
Mail: telefonseelsorge@caritas-aschaffenburg.de